Der Krankenkassenprämien-Schock trifft die Arbeiterklasse tief ins Mark. Gleichzeitig fordert die Zürcher SVP-Gesundheitsdirektorin die Abschaffung der obligatorischen Krankenversicherung. Für eine kostenlose Gesundheitsversorgung unter Arbeiterkontrolle!

Explodierende Krankenkassenprämien, überfüllte Spitäler, miserable Arbeitsbedingungen – das Schweizer Gesundheitssystem steckt in einer Krisenspirale. Wer ist daran schuld? Für Natalie Rickli, Zürcher SVP-Gesundheitsdirektorin, sind es die Pflegenden und die Lohnabhängigen. In einem Interview mit dem Tages-Anzeiger stellt sie die Dreistigkeit der Schweizer herrschenden Klasse und ihren Vertretern in der Politik offen zur Schau.

Rickli sieht die Ursache des Personalmangels in der Pflege darin, dass die Pflegenden «weniger arbeiten, aber gleich viel oder mehr verdienen» möchten. Wenn Patienten also schlecht behandelt werden, sei das die Schuld der Pflegenden, die weniger arbeiten wollen.

Das ist eine schallende Ohrfeige für alle Pflegenden! Die Burnout- und Kündigungsraten explodieren und die Ausstiegsquote aus der Pflege übertrifft mit über 40 % alle anderen Berufe. Viele Pflegende wissen, dass der Personalmangel in der Pflege eine Folge jahrzehntelanger Sparmassnahmen ist.

Unverschämtheit der Schweizer Kapitalisten

Nachdem Rickli die Pflegenden in die Pfanne gehauen hat, nehmen sie und der bürgerliche Journalist die Patienten ins Visier. «Die Leute sind deutlich häufiger krankgeschrieben, vor allem Junge gehen heute viel schneller zum Arzt als früher», sagt der Reporter Bandle. Zustimmend entgegnet Rickli: «Alle wollen auf hohem Niveau versorgt werden.»

Ein weiterer Schlag ins Gesicht aller Jugendlichen und Lohnabhängigen! Selbstverständlich wollen wir alle im Jahr 2023 eine gute Gesundheitsversorgung und nicht krank arbeiten müssen. Das Problem sind nicht wir, sondern die bürgerliche Profitlogik und die daraus resultierende Sparpolitik!

Für Rickli ist die Abschaffung der obligatorischen Krankenversicherung ein Teil der Lösung, um die Gesundheitskosten zu senken. Das würde viele Lohnabhängige vor die Wahl stellen: auf eine Behandlung verzichten oder sich verschulden.

Mit ihren Aussagen spricht sie von oben herab zur Arbeiterklasse: Setzt eure Erwartungen runter und haltet die Klappe! Doch Natalie Rickli spricht lediglich aus, was die gesamte Kapitalistenklasse denkt. Ihr Vorschlag ist auch nur der neueste in einer jahrzehntelangen Reihe von breit angelegten Angriffen, die sich zuletzt zugespitzt haben.

Im Durchschnitt ist ein Schweizer Jahreslohn heute fast 3’000 Franken weniger wert als noch Anfang 2021. Diesen September folgte der nächste riesige Schock: Die neueste Erhöhung der Krankenkassenprämie (+9 %!) kostet eine durchschnittliche Familie nochmals 1000 Franken pro Jahr!

Daraus müssen wir die Schlussfolgerung ziehen: Kein Vertrauen in die Bonzen – wir bezahlen eure Krise nicht!

SP-Führung verteidigt Status quo – wir brauchen mehr!

Als Reaktion auf das Interview lancierte die SP-Führung eine Online-Petition. Darin wollen sie die SVP-Politikerin zurückweisen und für «weniger Krankenkassen-Lobbyisten in Bern, tiefere Medikamentenpreise und mehr Prämienverbilligung» appellieren. Wermuth und Meyer sagen uns also: Wenn wir genug SP-Politiker ins Parlament wählen, wird das aktuelle Gesundheitssystem funktionieren. Schlussendlich verteidigen sie damit das gegenwärtige Krankenkassen-System, das die Arbeiterklasse zurecht hasst. 

Es gibt auf der Linken ein riesiges Vakuum, weil niemand den Arbeitern eine ernsthafte Alternative zu den Bürgerlichen und ihrem Kapitalismus bietet. Was die Arbeiterklasse heute braucht, ist ein öffentliches, kostenloses Gesundheitssystem. Das bedeutet die ersatzlose Abschaffung der Krankenkassen, die ausser parasitären Kalkulationen nichts leisten.

Eine verstaatlichte Gesundheitsversorgung im Kapitalismus wäre immer dem Druck von Sparmassnahmen und Privatisierungen ausgesetzt. Deshalb kämpfen wir Kommunisten für ein demokratisch kontrolliertes Gesundheitssystem in einer Gesellschaft, die die Gesundheit über die Profite stellt.

Es braucht heute sofort eine Verdoppelung des Pflegepersonals und massive Investitionen ins Gesundheitssystem. Utopisch? Überhaupt nicht!

Die finanziellen und personellen Ressourcen dafür sind vorhanden – aber sie stehen unter der Kontrolle der Kapitalisten. Deshalb ist der Kampf für eine hochwertige, kostenlose Gesundheitsversorgung eine revolutionäre Aufgabe. Sie bedingt nämlich den Sturz der Kapitalisten und den Aufbau einer demokratischen Planwirtschaft durch die Arbeiterklasse. 

Die Lohnabhängigen werden heute durch Angriffe in den Kampf gezwungen. Um das vorhandene Potenzial für ein gutes Leben für alle zu erkämpfen, braucht die Arbeiterklasse ein revolutionäres Programm und eine Kampforganisation, die es verteidigt. Organisieren wir uns, denn zusammen sind wir stärker als die Ricklis dieser Welt!