Am 9. Juni kommt die Prämien-Initiative der SP zur Abstimmung. Sie fordert, dass niemand mehr als 10 % seines Einkommens für die Krankenkassenprämien ausgeben muss. Wir rufen alle auf, für die Initiative zu stimmen. Kommunisten kämpfen für jede Verbesserung der Lebensbedingungen der Arbeiterklasse. 

Aber wir müssen ehrlich sein: Die Initiative wird das grundsätzliche Problem nicht lösen. Das profitorientierte Gesundheitssystem ist komplett gescheitert und muss von Grund auf umgewälzt werden.

Eine Klassenfrage

Während die Kapitalisten der 200 börsenkotierten Schweizer Konzerne gerade einen Rekord von 53 Milliarden Franken an Dividenden erhalten, lebt die Hälfte der Arbeiterfamilien in finanzieller Not

Die Initiative knüpft an der aktuell grössten Sorge der Arbeiterfamilien an: den horrenden Prämien der Krankenkassen. Seit 1996 hat sich die Prämienlast fast verdreifacht, während die Löhne praktisch stagnierten.

Die bürgerlichen Parteien und Bundesrat lehnen die Initiative ab. Das ist kein Zufall, denn es ist eine Klassenfrage. SVP, FDP und Mitte blockieren schon lange alle Prämienentlastungen. Sie verteidigen ihr kapitalistisches System auf unsere Kosten.

Grenzen des Reformismus

Während die SP-Initiative die Klassenfrage auf den Tisch bringt, leidet sie jedoch an der gleichen Schwäche wie schon die AHV-Initiative: Wer bezahlt? SP-Co-Präsidentin Meyer meint: «Ein Prämiendeckel wird den Druck auf die Politik erhöhen, endlich genauer hinzuschauen. (…) Ich bin überzeugt, dass wir zusammen mit den Bürgerlichen eine Lösung für die Finanzierung finden werden.»

Auf wen hofft die SP-Spitze hier? Auf das Parlament, das völlig von der Pharma-Lobby korrumpiert ist? Auf die Bürgerlichen, die das Gesundheitssystem privatisieren, Sparpolitik durchboxen und überhaupt erst für die Kostenexplosion verantwortlich sind?

: Eine gute und bezahlbare Gesundheitsversorgung kann nur durch einen aktiven Kampf der Klasse gegen diese Kapitalistenvertreter erreicht werden. Statt der Arbeiterklasse die Wahrheit zu sagen, schüren sie Illusionen in Deals mit diesen.

Die Finanzierungsfrage liesse sich einfach beantworten. Wir sprechen von zusätzlichen 4.2 Milliarden Franken jährlich, was ein Drittel von dem ist, was Roche und Novartis als Dividenden an ihre Aktionäre auszahlen. Dafür muss man allerdings ihre heilige Ordnung des kapitalistischen Privateigentums in Frage stellen.

Sozialistische Lösung

Pflaster reichen ohnehin nicht. Obwohl unglaubliche Ressourcen (an Geld und menschlicher Arbeit) eingesetzt werden, ist das Pflegepersonal komplett am Anschlag und die Qualität der Gesundheitsversorgung sinkt.

Wieso? Weil eine ganze Reihe von Akteuren unter dem Zwang steht, individuell ihren eigenen Profit zu erwirtschaften: Pharmakonzerne, Apotheken, Spitäler, Spezialärzte, MedTech-Unternehmen, Baufirmen. Das ist völlig irrational und steht im fundamentalen Widerspruch zu einer guten Pflege. Behandelt wird nicht, um bestmöglich zu heilen, sondern um grösstmöglich Profit zu machen. 

Wir brauchen kostenlosen Zugang zu einer hochqualitativen Gesundheitsversorgung. Das erfordert ein vollständig staatliches Gesundheitssystem: Die parasitären Pharmakonzerne und die MedTech-Industrie müssen verstaatlicht werden. Erst dann könnten Pflege, Forschung und Produktion in einem rationalen Plan unter der demokratischen Kontrolle der Arbeiter organisiert werden: für die Bedürfnisse der Menschen, statt in Konkurrenz für den Profit.

So könnten auch die Krankenkassen ersatzlos eliminiert werden. Die unnötige Bürokratie für die Pflegenden würde wegfallen, ebenso teure Werbekampagnen und Verwaltungsapparate von 44 Kassen. 13’000 Angestellte der Krankenkassen könnten stattdessen einer sinnvollen Arbeit nachgehen, die tatsächlich einen Wert für die Gesellschaft hat: in der Pflege, in der Forschung oder wo auch immer.

Zerfall schürt Hass aufs System

Letztens wurde ich von einem Arbeitskollegen gefragt, in welchem Spital ich mich behandeln lassen würde. Ich sagte: «Eigentlich in keinem». Ich habe schon in zu vielen Spitälern absurde Situationen hinter den Kulissen erlebt. Überall ist der Personalmangel so gross, dass es immer wieder zu Notfallsituationen kommt, die vermeidbar wären. Wir Arbeiter haben keine freie Wahl der Klinik wie die reichen Säcke. Wir werden gezwungen, uns ins Gesundheitssystem zu begeben und wissen genau, wie scheisse es ist. 

Die meisten Spitäler in der Deutschschweiz funktionieren nur mit Temporärangestellten: Pflegende, die jeden Tag an einem anderen Ort arbeiten und besser bezahlt werden. Mein Spital hat das einfach abgeschafft und überlässt die Festangestellten ihrem eigenen Schicksal. Die Begründung: Die Prämien steigen und wir seien Schuld daran. Gleichzeitig verteilen wir Medikamente auf täglicher Basis, die so viel kosten wie mein Monatslohn. 

Während der Novartis-Chef sein Jahressalär auf 16 Millionen Franken verdoppelt, geben die Bosse den Pflegenden und Patienten die Schuld, weil sie angeblich bei jedem Wehwehchen in den Notfall rennen würden.

Die Spitalleitungen kennen gar nichts mehr: Sie entlassen alle, die ihnen unangenehm werden. Währenddessen bekämpfen sich die grossen Gewerkschaften im Kanton Zürich gegenseitig, wer die Pflegenden organisieren darf, anstatt effektiv die Arbeiter zu organisieren. In den Kliniken brodelt es, aber es gibt kein Ventil.

Das alles führt dazu, dass sich Wut und Klassenhass anstauen und nur so darauf warten, rausgelassen zu werden. Die gesamte Versorgung wankt. Gleichzeitig sind die Bürgerlichen in den Startlöchern, das Gesundheitswesen komplett zu privatisieren. Wenn wir diese Frage lösen möchten, gibt es nur die revolutionäre Antwort! Die Verstaatlichung unter demokratischer Kontrolle der Arbeiterklasse ist objektiv nötig, wenn die Gesundheit von Patienten und Pflegenden nicht weiter leiden soll. 

Diese Wahrheit drängt sich ins Bewusstsein: Bei einer SRF-Umfrage haben 75 Prozent angegeben, die Spitäler sollten nicht profitorientiert sein. Eine kleine Schicht zieht noch radikalere Schlüsse und ist bereit, in der RKP für den Kommunismus zu kämpfen – wie Janick in der letzten Ausgabe vom Kommunist erklärt hat.

Noah, Pfleger, Zürich

Blasenentzündung? Stürz den Kapitalismus!

Ich hatte letztens eine Blasenentzündung. Eigentlich nichts schlimmes – jede zweite Frau hat das mindestens ein Mal im Leben, die meisten öfter. Bei mir war es das erste Mal. Also googelte ich, was ich tun muss. Die Resultate liessen mein Blut kochen: «Es gibt viele Hausmittel und Tees. Es ist aber nicht wissenschaftlich belegt, ob sie wirken.» Die Alternative: Antibiotika. 

Ein Problem, das jede zweite Frau betrifft, hat also keine adäquate Behandlung. Antibiotika schien mir übertrieben. Prompt holte ich mir eine Nierenentzündung ein. Jetzt hiess es: Ab zur Permanence. Dort musste ich fünf Stunden warten. Als sie mir dann Antibiotika verschrieben haben, wurde ich gewarnt: Gut möglich, dass es nicht wirkt wegen Resistenzen.

Das alles sind kleine Symptome für den fortschreitenden Zerfall des Gesundheitssystems.

Seit Jahren ist eine unglaubliche Stagnation bei der Entwicklung von Medikamenten zu beobachten. Forschung lohnt sich nicht. Nicht die Bedürfnisse, sondern der Profit bestimmt, wo geforscht wird. Und das trifft die unterdrücktesten Schichten am härtesten – allen voran die Frauen. Antibiotika kosten 6 Franken, dafür startet niemand ein Forschungsprojekt.

Die Weigerung, neue Antibiotika zu suchen, hat Konsequenzen, die weit über eine mühsame Behandlung einer Blasenentzündung hinausgehen. Es besteht die Gefahr, dass Tuberkulose oder die Pest nicht mehr behandelt werden können. Diese Gefahr ist nicht abstrakt: Tuberkulose nimmt rasant zu. Auch andere überwundene Krankheiten wie Skorbut oder Masern kommen wieder auf. Der Kapitalismus im Niedergang droht uns ins Mittelalter zurückzuwerfen!

Dabei könnte das Problem leicht gelöst werden: Mit den nötigen Investitionen könnten neue Wirkstoffe erforscht werden. Technologie und Ressourcen wären da. Doch das Profitmotiv verhindert es – genauso wie es einen dringend nötigen Ausbau des Gesundheitswesens verhindert. Anstatt die Kapazitäten zu erhöhen, werden reihenweise Spitäler geschlossen.

Die Kapitalisten und ihre Handlanger in der Politik geben für all das den Patienten die Schuld. Es heisst: «Sie gehen zu oft zum Arzt!» Das ist eine Lüge. Im letzten Jahr verzichtete jede fünfte Person aus Kostengründen auf medizinische Behandlungen – und da sind ausgelassene Zahnarztbesuche nicht eingerechnet. Die Kapitalisten versuchen mit dieser Lüge, das Versagen ihres Systems auf unsere Schultern abzuladen.

Jessica, Zürich