Rechte Parteien gewinnen Wahlen und faschistische Banden an Selbstbewusstsein. Dahinter steckt die Krise des Kapitalismus. Wie nehmen wir den Kampf auf?

Faschistische Terroranschläge oder transphobe Mediendebatten wecken tagtäglich unseren gerechten Zorn. Viele Arbeiter und Junge sind angewidert, verunsichert und wollen etwas dagegen tun. Rechte Parteien wie die Alternative für Deutschland (AfD), die Schweizer SVP oder Marine Le Pen in Frankreich erhalten viele Stimmen. Deshalb warnen linke Politiker und Medien vor einem Rechtsrutsch oder gar dem drohenden Faschismus. 

Die Kommunisten sagen: Wir müssen uns gemeinsam wehren! Der Angriff auf einen, ist der Angriff auf uns alle. Panikmache hilft aber nur dem Feind. Deshalb klären wir hier, was der Faschismus ist, ob er eine akute Gefahr darstellt, und wie wir heute kämpfen müssen.

Fäulnis eines sterbenden Systems

Warum erhalten rechtsextreme Parteien, Personen und Ideen Zulauf? Dahinter steckt die Sackgasse des Kapitalismus. Wenn ein soziales System in eine tiefe Krise gerät, weder Stabilität noch Fortschritt bietet, dann können spaltende, rückwärtsgewandte Ideen auf fruchtbaren Boden fallen. Die Arbeiterklasse und das Kleinbürgertum (Selbstständige, KMU-Patrons etc.) leiden unter Arbeitslosigkeit, Wohnungsknappheit und Inflation. Wenn die Leute mit ihrem Leben unzufrieden werden, suchen sie gesellschaftliche Veränderungen und sind anfällig für Sündenbockpolitik. Die Bourgeoisie nutzt das eiskalt aus und bedient sich der grässlichsten Hetze und Spaltungspolitik.

Die herrschende Klasse ist heute unfähig zu regieren wie bisher. Jede Pandemie, Energiekrise und Bankenrettung untergräbt das Vertrauen in die bürgerlichen Institutionen. Sie bekommt Mühe, ihr kapitalistisches Programm mit der liberalen Presse, Parlament und Hinterzimmerpolitik zu realisieren. Die Dominanz des Bürgertums über die Gesellschaft wird in Wahlen und Abstimmungen, Streiks und Massendemonstrationen infrage gestellt.

Teile und herrsche

Um ihre Macht zu wahren, ist der herrschenden Klasse jedes Mittel recht. Wenn sie keine andere Wahl mehr haben, stützt sich die Bourgeoisie auf jede vorstellbare reaktionäre Ideologie oder Institution: Kirche, Polizei oder auch auf den Faschismus. Deshalb setzen sie zunehmend auf Rassismus, Sexismus und Homophobie. Deshalb versucht die SVP den Ausländern die Schuld für Wohnungsnot und zu tiefe Löhne in die Schuhe zu schieben. Reaktionäre versprechen, die gesellschaftliche Stabilität mit konservativen Geschlechterrollen und Familienstrukturen wiederherzustellen. 

Um den Kapitalismus zu retten, hetzen die Rechten das Kleinbürgertum und rückständige Schichten der Arbeiterklasse gegen historisch unterdrückte Gruppen auf. Ausländer, Muslime, LGBT-Personen oder Frauen leiden sowieso besonders unter der Systemkrise. Mit der Zunahme reaktionärer Diskriminierung wird ihnen zusätzlich das Leben zur Hölle gemacht. Der einzige Ausweg liegt im gemeinsamen Kampf der Arbeiterklasse.

Trotz alledem sind Panik und Hysterie fehl am Platz. Die Gesellschaft rutscht nicht nach rechts, sie polarisiert sich. «Extreme», radikal klingende Ideen und Auswege werden populärer, während die «Mitte» wegbröckelt. Mehr Wählerstimmen für rassistische Parteien sind nur eine Seite der Medaille. Viel wichtiger ist, dass die Arbeiterklasse in einem Land nach dem anderen in den Kampf tritt!

In den Vereinigten Staaten wurde Trump gewählt, jetzt schwemmt eine Streikwelle (Auto-Industrie, Fast-Food etc.) über das Land. In Deutschland könnte die AfD zur zweitstärksten Partei werden, während die Müllabfuhr, Spitäler und der öffentliche Verkehr von den Beschäftigten lahmgelegt werden. 20-30% der Jugendlichen unterstützen heute den Kommunismus! Es gibt ein enormes Potential für eine Politik der Arbeiterklasse. Wer das ignoriert und nur nach rechts schaut, wird die Stärke unserer Gegner überschätzen und deshalb eine falsche Strategie wählen.

Stimmenprozente in Umfragen oder Wahlen widerspiegeln die tatsächlichen Kräfteverhältnisse nur verzerrt. Rechte Parteien legen oft Parlamentssitze zu, einfach weil die Wähler der liberalen und reformistischen Parteien enttäuscht zuhause geblieben sind. Wo die Rechten neue Stimmen gewinnen, handelt es sich oft um Protestwähler, die man genauso für eine radikale Klassenpolitik gewinnen könnte. Diese Parteien legen also zu, weil die linken Parteien keine Alternative zum System anbieten. So entpuppt sich die Stärke der Rechten bei genauerem Hinsehen als die Schwäche der Linken. 

Doch: Wahlsiege rechter Parteien ermutigen rechtsextreme Gruppen, die zunehmend mit Gewalt gegen Ausländer, LGBT oder Linke vorgehen. Auch die IMT-Kommunisten in Triest wurden kürzlich tätlich angegriffen. Diese Gruppen bleiben aber klein, und jede ihrer Demonstrationen kann von 100-fach grösseren Mobilisierungen der Arbeiter und der Jugend im Keim erstickt werden. 2021 demonstrierten beispielsweise 200’000 Arbeiter in Rom, eine Woche nachdem Faschisten die Zentrale des Gewerkschaftsbundes angegriffen hatten. Der organisierten Kraft der Arbeiterklasse, die selbstbewusst ihre Organisationen verteidigt, sind die kleinen Faschistenruppen auf keinen Fall gewachsen. 

Was ist Faschismus?

Mit der korrekten Strategie können wir die Rechten besiegen. Dazu braucht es ein wirkliches Verständnis des Feindes. Leichtfertiger Umgang mit Begriffen wie (Proto-, Neo-, Post-) Faschismus zieht desaströse politische Fehleinschätzungen nach sich. Für Marxisten hat «Faschismus» eine klare Definition anhand seiner gesellschaftlichen Funktion, und ist nicht einfach eine Beleidigung oder die «schlimmere» Variante rechter Politik.

Es ist ein Irrweg, den Faschismus anhand seiner Ideologie definieren zu wollen. Die Programme faschistischer Bewegungen sind Sammelsurien rückwärtsgewandter Ideen ohne viel Zusammenhang. Andererseits hat der Faschismus kein Monopol auf reaktionäre Ideen: auch «normale» bürgerliche Parteien sind rassistisch, nationalistisch und sexistisch. Entscheidend ist stattdessen die soziale Basis des Faschismus und seine Rolle im Klassenkampf.

Der Faschismus, wie er erstmals in Italien in den 1920er auftrat, hat seine Basis in einer kleinbürgerlichen Massenbewegung und verfolgt den Zweck, die Organisationen der Arbeiterklasse physisch zu zerschlagen. Er kann nur unter bestimmten gesellschaftlichen Bedingungen die Macht übernehmen. Erst nachdem die Arbeiterklasse erfolglos versucht hat, die Macht zu übernehmen und erschöpft ist, wird Faschismus zu einer ernsthaften Gefahr. Die deutsche und italienische herrschende Klasse trotzte dem revolutionären Ansturm nach dem Ersten Weltkrieg, aber sie war unfähig, die den Klassenkampf zu beruhigen und so die Profite ihrer Firmen zu schützen. Zu diesem Zweck setzten sie auf den Faschismus.

Der Faschismus war in der Lage, kleinbürgerliche Schichten zu mobilisieren: Ladenbesitzer, Studenten, Gauner und andere deklassierte Elemente. Diese Gruppen waren enttäuscht vom Kapitalismus, aber auch von der Arbeiterklasse, die sie für die gesellschaftliche Instabilität verantwortlich machten. Der Faschismus hatte ein soziales Gewicht auf der Strasse, was ihn für die herrschende Klasse attraktiv macht, die als kleine Minderheit immer andere ihr dreckiges Handwerk verrichten lässt. Die faschistische Bewegung griff Gewerkschaften, Genossenschaften und Parteilokale der Arbeiterklasse an und zerschlug sie mit grösster Härte.

Rechtspopulismus, nicht Faschismus

Wie sieht es heute aus? Eine faschistische Bewegung steht aktuell nicht auf der Tagesordnung! Die Erfolge von Trump, Meloni, Le Pen, der SVP oder der AfD sind nicht der Vormarsch des Faschismus. Es ist irrelevant, ob die rechten Führer Sympathien für Hitler und Mussolini haben oder gerne Diktatoren wären. Das Kräfteverhältnis zwischen den Klassen erlaubt es ihnen nicht, diese Fantasien zu verwirklichen. Die SVP ist nicht faschistisch, nur weil die Präsidentin ihrer Winterthurer Sektion die faschistische Junge Tat ihre Social Media betreiben lässt. Sie haben keine kleinbürgerliche Massenbewegung auf der Strasse, die Umsturzpläne realisieren könnten. Die Arbeiterklasse ist in den letzten 100 Jahren nur gewachsen und würde heute jeden faschistischen Übernahmeversuch im Keim ersticken. Auch die Bourgeoisie wagt es nicht, dem Faschismus grünes Licht zu geben, weil sie fürchten, die Arbeiterklasse zu provozieren.

Diese rechten Figuren sind nicht Faschisten, sondern Rechtspopulisten. Sie sind Rattenfänger, die bereit sind, sich als Gegner des Establishments zu präsentieren. Sie haben keine Skrupel, für ihre politische Karriere irgendwelche Vorurteile zu schüren und zu nutzen. An der Macht folgen sie dem Diktat des Kapitals und können ihre Versprechen nicht einlösen. Dann betreiben sie völlig reaktionäre Politik, aber mit den Mitteln des bürgerlichen Staates, wie es die «liberalen» Parteien auch tun. Weil rechte Demagogie keine Verbesserungen der Lebensbedingungen mit sich bringt und keine echte Alternative zum System darstellen, werden sie an der Macht meist abgestraft.

Die Arbeiterklasse wird in der nächsten Periode viele Gelegenheit haben, über Revolutionen die Macht zu übernehmen. Ihre Kampfkraft nimmt jeden Tag zu. Deshalb ist jeglicher Pessimismus fehl am Platz und die Kommunisten setzen heute alles daran, die Revolution zu unseren Lebzeiten vorzubereiten. 

Wie kämpfen wir heute?

Wir besiegen Faschismus und Rechtspopulismus, indem wir konsequent den Standpunkt der Arbeiterklasse einnehmen. Das bedeutet, den Kampf gegen die Rechte als Kampf der Arbeiterklasse gegen die Kapitalisten zu führen. Dazu ist eine klare Abgrenzung von jeglicher bürgerlichen Politik notwendig.

Die organische Krise gepaart mit der Zusammenarbeit der reformistischen Parteien mit den Bürgerlichen hat zum Aufstieg der Rechtspopulisten geführt. Die Regierungsparteien aller Parteifarben greifen die Arbeiterklasse an, schwächen deren Widerstand mit spalterischen Ideologien und verteidigen die Kapitalinteressen notfalls mit Polizeigewalt. Diese scheinbar «alternativlose» Politik nährt reaktionäre Ideen in der Arbeiterklasse und im Kleinbürgertum. Die verschlechterten Lebensbedingungen wecken Unmut und wenn die Reformisten keine Alternativen bieten, öffnen sie den Rechtspopulisten das Feld.

Es braucht ein gemeinsames Programm für die Verbesserung der Lebensbedingungen der Arbeiterklasse, um der rechten Spaltungspolitik die Grundlage zu entziehen. Nur das kommunistische Programm bietet tatsächliche Lösungen für die Probleme des Kapitalismus. Dank der Enteignung der Grosskonzerne und Banken können wir Mangel und Not beheben. Die Wirtschaft demokratisch zu planen, ist der einzige Weg, um die schlimmste Klimakrise abzuwenden und wieder Hoffnung in die Zukunft zu wecken. Das legt die Grundlage für ein neues Zusammenleben, in dem die Jahrtausende alten Narben der Klassengesellschaft überwunden werden können: starre Geschlechterrollen, Sexismus und Fremdenfeindlichkeit.

Sackgasse Volksfront

Dieses notwendige Programm gegen Rechtspopulismus und Faschismus ist für die Liberalen inakzeptabel. Die Abneigung der Liberalen gegenüber den Rechten wird tausendfach überschattet von ihrer Angst vor der Arbeiterklasse. Die Liberalen treten nur in Bündnisse ein, welche das Privateigentum und die bürgerliche Krisenpolitik nicht infrage stellen. Solche Bündnisse der Arbeiterklasse mit «antifaschistischen» oder «demokratischen» Bürgerlichen heissen «Volksfronten». Die Volksfronten sind in der Geschichte immer gescheitert, weil sie der Arbeiterklasse die Hände gebunden haben und der Anti-Establishment-Rhetorik der Rechten scheinbare Legitimität geben. Wir können auch dem Staat nicht vertrauen, Rechtspopulisten und Faschisten polizeilich und juristisch in Schach zu halten. Der bürgerliche Staat ist das Instrument der herrschenden Klasse.

Die Blochers, Trumps und Le Pens werden besiegt, indem wir den Kampf der Arbeiterklasse für ihre Lebensbedingungen und demokratischen Rechte organisieren. Wir setzen auf die Einheitsfront, das Kampfbündnis aller proletarischen Kräfte zum Zweck bestimmter Aktionen gegen faschistische Gruppen, reaktionäre Gesetze oder andere konkrete Ziele. Wenn jede Mobilisierung genutzt wird, um das Klassenbewusstsein zu heben, stärkt sie die Arbeiter und verlinkt sie mit allen unterdrückten Gruppen, die ein gemeinsames Interesse am Sturz des menschenfeindlichen Kapitalismus haben. Sobald die Arbeiterklasse entschlossen auftritt und eine ernste Alternative präsentiert, wird sie beträchtliche Teile des Kleinbürgertums auf ihre Seite holen.

Die faschistischen Banden bekämpfen wir auch mit der Mobilisierung der Klasse. Mit dem korrekten Programm könnte die Arbeiterbewegung diese Gruppen leicht zerdrücken. Wo Streikposten, Synagogen, LGBT-Bars, Asylunterkünfte oder Demonstrationen in Gefahr sind, müssen die Gewerkschaften und linke Parteien zusammen mit den betroffenen Gruppen Verteidigungs-Milizen aufstellen. Neonazis werden selbstbewusst, wenn sie Schwäche riechen. Erstickt die Mobilisierung der Arbeiterklasse ihre Märsche im Keim, ziehen sie den Schwanz ein. Diese Aufgabe müssen die Massenorganisationen übernehmen, sie dürfen nicht hysterisch reagieren und bei Worten stehen bleiben, sondern müssen Taten folgen lassen. Deshalb organisieren wir jetzt die Kommunisten und kämpfen für eine revolutionäre Neuausrichtung der Arbeiterbewegung.

Kampf gegen Rechte? Organisier dich!

Rechtspopulismus provoziert Kampfeswille in der Jugend. Der Faschismus steht nicht vor der Tür, wohl aber extrem schädliche, vereinzelte Angriffe auf die Arbeiterklasse. Es gibt keinen Anlass zum Pessimismus, weil die aktuelle Periode unglaubliche Möglichkeiten zum Kampf eröffnet. Deshalb müssen sich die Kommunisten jetzt organisieren. Gemeinsam sind wir stark. Wer sich organisiert, kann sich gegen rassistische Diskriminierung und faschistische Angriffe wehren, ob in der Schule oder im Betrieb.

Das korrekteste Programm und die beste Strategie sind wertlos, wenn sie auf diesem Zeitungspapier verbleiben. Wer einverstanden ist, beginnt damit, das kommunistische Programm in der Arbeiterklasse und der Jugend zu verbreiten und die Kommunisten zu organisieren. So bauen wir die benötigten Kräfte für die Revolution auf, dem einzigen Garanten gegen den Faschismus.