Vor einem Jahrhundert, vom 2. bis 6. März 1919, fand der erste Kongress der Dritten Internationale in Moskau statt. Dies war die Geburtsstunde der Kommunistischen Internationale, die zu einer wichtigen Schule revolutionärer Ideen und Strategien wurde.

«Ich kam gegen fünf Uhr am Theater an und hatte Schwierigkeiten, hineinzukommen, obwohl ich als Korrespondent eine Sonderkarte hatte. Vor allen Türen bildeten sich Warteschlangen. Der Moskauer Sowjet war da, das Exekutivkomitee, Vertreter der Gewerkschaften, Fabrikkomitees usw.

Das riesige Theater und die Tribüne waren überfüllt, die Menschen standen in den Gängen und drängten sich dicht in den Seitenflügeln der Bühne. Kamenew eröffnete die Versammlung mit der feierlichen Verkündung der Gründung der Dritten Internationale im Kreml. Das Publikum spendete tosenden Beifall, erhob sich und sang die ‘Internationale’ in einer Weise, wie ich sie seit der gesamtrussischen Versammlung nicht mehr gehört habe, als die Nachricht von den Streiks in Deutschland während der Brest-Verhandlungen eintraf.» (eigene Übersetzung)

Dies sind die Worte, die ein britischer Augenzeuge, der Journalist Arthur Ransome, anlässlich der Feier zur Gründung der Kommunistischen (Dritten) Internationale im Bolschoi-Theater im März 1919 schrieb.

Moskau befand sich noch im Griff des Winters. «Moskau fehlt es an Treibstoff», schrieb Jacques Sadoul, ein französischer beratender Delegierter. «Die Kongressdelegierten zittern. Moskau kommt in den letzten zwei Jahren mit mageren Rationen aus. Die internationalen Genossen essen sich nicht immer satt…» (eigene Übersetzung)

51 Delegierte aus mehr als zwei Dutzend Ländern, viele von ihnen durch die imperialistische Blockade und den Stacheldraht geschmuggelt, nahmen am Gründungskongress der neuen Internationale in Moskau teil. Die geringe Teilnehmerzahl war an sich schon bemerkenswert, denn die Versammlung wurde von den Blockierern als «illegal» eingestuft. Infolgedessen wurden einige Delegierte verhaftet und konnten nicht teilnehmen.

Die Erste und Zweite Internationale

Die Dritte Internationale wurde aus dem grossen Verrat des Ersten Weltkriegs und den elektrisierenden Ereignissen der russischen Revolution im Oktober 1917 geboren.

Wie aus dem Namen hervorgeht, gab es zwei frühere Internationale, eine erste und eine zweite, in deren Geschichte wir die Entwicklung und Kontinuität des Marxismus verfolgen können.

Die Erste Internationale, bekannt als «Internationale Arbeiterassoziation», wurde 1864 unter direkter Beteiligung von Marx und Engels gegründet. Diese Organisation war zwar relativ klein, legte aber den Grundstein für den Kampf der Arbeiterklasse für den internationalen Sozialismus. Sie wurde jedoch Opfer der Reaktion, die sich nach der Niederlage der Pariser Kommune 1871 in ganz Europa ausbreitete. 1876 wurde sie schliesslich aufgelöst.

Etwas mehr als ein Jahrzehnt später war Engels ebenfalls an der Gründung der Zweiten Internationale im Jahr 1889 beteiligt. Im Gegensatz zu ihrer Vorgängerin bestand diese aus Massenparteien, welche Millionen von Arbeitern umfassten. Dennoch wurde die Internationale während eines allgemeinen Vormarschs des Kapitalismus gegründet, in einer Zeit, in der es keine revolutionären Kämpfe gab.

Dies führte zu einer opportunistischen Degeneration innerhalb der Führung der Partei. Mit der Zeit wurde der revolutionäre Kampf zugunsten des Kampfes für Reformen in den Hintergrund gedrängt. Wie Rosa Luxemburg aber argumentierte, hätten die Fragen der Reform und der Revolution nicht in getrennte Kämpfe aufgeteilt werden dürfen, sondern untrennbar miteinander verbunden werden sollen.

Trotz der schönen Worte führte dieser Opportunismus schliesslich zum Verrat vom August 1914, als die sozialistischen Führer den Internationalismus aufgaben und sich stattdessen im darauffolgenden Weltkrieg auf die Seite der eigenen herrschenden Klassen stellten.

Zimmerwald

Infolge dieses Debakels wurden die Internationalisten, die den Ideen der Weltrevolution treu blieben, auf eine winzige Handvoll reduziert. Zu denjenigen, die der Sache des internationalen Sozialismus treu blieben, gehörten unter anderem Lenin und Trotzki in Russland, Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht in Deutschland, John MacLean in Schottland, James Connolly in Irland und James Larkin mit Eugene Debbs in Amerika.

Bei ihrem ersten Treffen 1915 in Zimmerwald scherzte Lenin, dass die Internationalisten der Welt in zwei Postkutschen passen würden. Das brachte ihre schreckliche Isolation auf den Punkt.

Die kleine Gruppe in Zimmerwald verabschiedete ein Manifest, in dem sie den imperialistischen Krieg verurteilte, die «nationale Verteidigung» in einem solchen Konflikt ablehnte und die Arbeiter dazu aufrief, sich im Kampf für Frieden, Emanzipation und Sozialismus zu vereinen.

Es folgte ein weiteres Treffen im Kiental im Jahr 1916. Lenin und die Bolschewiki vertraten sowohl in Zimmerwald als auch im Kiental den linken Flügel. Dieser forderte die Abschaffung der alten Zweiten Internationale (im Gegensatz zu ihrer Reform) und die Gründung einer Dritten Internationale. Es war jene linke Strömung, die im März 1919 den Kern der neuen Internationale bilden sollte.

Die Oktoberrevolution

Der entscheidende Wendepunkt und der eigentliche Startschuss für die neue Internationale war der Sieg der Russischen Revolution im Oktober 1917. Hier übernahm zum ersten Mal in der Geschichte (abgesehen von der kurzen Episode der Pariser Kommune) die Arbeiterklasse die Macht.

Die bolschewistische Revolution wurde nie als ein rein russisches Ereignis betrachtet. Eine solche Idee war undenkbar, insbesondere in einem so rückständigen Land. Isoliert würde die Revolution im Sande verlaufen. Die Bolschewiki verstanden, dass die sozialistische Revolution nur im Weltmassstab gelingen konnte.

Nach dem Sieg der Russischen Revolution hat sich die Bourgeoisie international sofort verschworen, um den jungen Arbeiterstaat durch Blockade und Waffengewalt zu zerschlagen. Die revolutionären Ereignisse in Russland trugen allerdings dazu bei, revolutionäre Umwälzungen in ganz Europa auszulösen. Am bemerkenswertesten war die deutsche Revolution im November 1918, die dem Ersten Weltkrieg ein Ende setzte.

Anfang 1919 wurden in Bayern und Ungarn Sowjetrepubliken ausgerufen. Aus dieser revolutionären Periode bildeten sich in Deutschland, Österreich, Ungarn, den Niederlanden und Polen neue revolutionäre, kommunistische Parteien. In Massenorganisationen aus diversen anderen Ländern begannen sich pro-bolschewistische Tendenzen herauszukristallisieren.

Ende 1918 kamen die Bolschewiki in Russland zum Entschluss, dass es an der Zeit war, eine neue revolutionäre Internationale zu gründen, die frei vom Opportunismus und Verrat der Zweiten Internationale war. In der gesamten internationalen Arbeiterbewegung nahmen revolutionäre, reformistische und zentristische Tendenzen Gestalt an. Millionen von Arbeitern auf der ganzen Welt begannen, in der bolschewistischen Revolution einen Ausweg aus dem Gemetzel des Ersten Weltkriegs und der Krise des Kapitalismus zu sehen.

Um angemessen auf die Situation zu reagieren, schlug Lenin vor, eine internationale Konferenz zu veranstalten und nur diejenigen einzuladen, die:

  1. «entschlossen für einen Bruch mit den Sozialpatrioten eintreten (d.h. mit den Menschen, die direkt oder indirekt die bürgerlichen Regierungen während des imperialistischen Krieges 1914-1918 unterstützt haben);
  2. eine sozialistische Revolution und die Diktatur des Proletariats befürworten;
  3. im Prinzip für die ‚Sowjetmacht‘ sind» als eine Regierungsform, «die auf einer höheren Stufe steht und näher am Sozialismus liegt.» (Lenin, To G.V. Chicherin, eigene Übersetzung)

Lenin schlug vor, die Konferenz am 1. Februar 1919 «in Berlin (offen) oder in Holland (geheim)» abzuhalten, aber das war zu optimistisch. Tatsächlich, fand sie einen Monat später in Moskau statt.

Führung

Die Kommunistische Partei Deutschlands war Ende Dezember gegründet und schnell die stärkste und einflussreichste der kommunistischen Gruppen ausserhalb Russlands geworden. Nach kurzer Zeit wurde sie als Reaktion auf die «Spartakuswoche» verboten. Ihre beiden wichtigsten Führer, Luxemburg und Liebknecht wurden ermordet.

Obwohl die Parteiführung grosse Vorbehalte gegenüber dem Gründungszeitpunkt der neuen Internationale hatte, war der Erfolg der Partei entscheidend für den Start der Dritten Internationale. Die Bedenken wurden in Diskussionen überwunden, und der Beschluss ohne Gegenstimmen eines einzigen Delegierten gefasst.

Die Aufgabe des Gründungskongresses der Dritten Internationale bestand darin, die Verwirrung zu beseitigen und die, von den alten Führern verratenen, Grundsätze des internationalen Sozialismus neu zu definieren. Es waren diese Führer, die den Kapitalismus gerettet hatten.

In Deutschland verschworen sich Noske, Ebert und Scheidemann mit den Elementen des monarchistischen Regimes, um die Revolution zu zerstören und die Arbeiter- und Soldatenräte, die faktisch die Macht innehatten, zu beseitigen. Hand in Hand mit den Junkern schlugen sie den Weg der Konterrevolution ein. Dieser Verrat sollte schliesslich in der blutigen Diktatur Hitlers enden.

Die Dritte Internationale wurde als Antwort auf genau diesen Verrat gegründet. Die revolutionäre Welle, die Europa zu dieser Zeit überrollte, schrie förmlich nach einer echten revolutionären Führung.

Grundlagen

Der Kongress nahm sogleich Fahrt auf. Die wichtigsten Diskussionen konzentrierten sich auf das gegenwärtige Stadium des Kapitalismus, den Charakter des Reformismus und die Formen, welche die proletarische Revolution annehmen würde.

Es herrschte das allgemeine Gefühl, dass eine spontane Bewegung der Arbeiterklasse an sich ausreichen würde, um den Kapitalismus zu stürzen. Wie Trotzki erklärte:

«Der Erste Kongress trat nach dem Krieg zu einer Zeit zusammen, als der Kommunismus als europäische Bewegung gerade im Entstehen begriffen war und als man mit einer gewissen Berechtigung damit rechnete und hoffte, dass der halbspontane Aufbruch der Arbeiterklasse die Bourgeoisie stürzen könnte, bevor diese eine neue Orientierung und neue Stützen für die Nachkriegszeit finden konnte. Solche Stimmungen und Erwartungen waren im Grossen und Ganzen durch die damalige objektive Situation gerechtfertigt…

Es ist unbestreitbar, dass in der Zeit des Ersten Kongresses (1919) viele von uns – einige mehr, andere weniger – damit rechneten, dass der spontane Aufbruch der Arbeiter- und zum Teil auch der Bauernmassen die Bourgeoisie in naher Zukunft stürzen würde.» (Trotzki, Die ersten fünf Jahre der Kommunistischen Internationale, Bd. 2, eigene Übersetzung)

Die Dritte Internationale verstand sich nicht als Konkurrentin der Zweiten Internationale, die weiterhin existierte, sondern als deren Nachfolgerin. Die Dritte Internationale baute auf den theoretischen Grundlagen und der Arbeit der Ersten und der Zweiten auf.

«Die weltgeschichtliche Bedeutung der III., der Kommunistischen Internationale besteht darin, dass sie damit begonnen hat, die grosse Losung von Marx in die Tat umzusetzen, die Losung, die aus der hundertjährigen Entwicklung des Sozialismus und der Arbeiterbewegung die Bilanz zieht, die Losung, die ihren Ausdruck findet in dem Begriff: Diktatur des Proletariats.» (Lenin, Die Dritte Internationale und ihr Platz in der Geschichte, Lenin Werke, Band 29)

«Diese geniale Voraussicht, diese geniale Theorie wird zur Wirklichkeit… Eine neue Epoche der Weltgeschichte hat begonnen.» (Lenin, Die Dritte Internationale und ihr Platz in der Geschichte, Lenin Werke, Band 29).

Lenin und Trotzki

Eine Internationale sind in erster Linie ein Programm, Ideen und Traditionen, und erst in zweiter Linie eine Organisation, welche diese in die Praxis umsetzt. Die Prinzipien galt es zu erklären und zu verteidigen.

Die Internationale bezeichnete sich als «kommunistisch», um sich von den Sozialdemokraten abzugrenzen, die den Sozialismus verraten hatten. Es handelte sich um eine Rückkehr zu den kommunistischen Traditionen von Marx und Engels und deren kommunistisches Manifest – ein unbeflecktes Banner.

Wie zu erwarten war, angesichts der russischen Oktoberrevolution, war der Einfluss der neuen Führung immens. Lenin und Trotzki verfassten die wichtigsten politischen Berichte, in denen die die grundlegenden und essenziellen Fragen behandelt wurden.

Lenin hielt das Referat über die Thesen über Bürgerliche Demokratie und die Diktatur des Proletariats. Trotzki stellte das Manifest der Kommunistischen Internationale an das Proletariat der ganzen Welt vor.

Lenin erklärte, dass Konzepte der «Demokratie» bedeutungslos seien, wenn nicht deren Klasseninhalt analysiert wird. Weiter schrieb er, dass selbst der demokratischste Staat nur ein Deckmantel für die Unterdrückung der Arbeiterklasse durch eine Handvoll Kapitalisten ist. Die Aufgabe der Sozialisten sei es, den kapitalistischen Staat durch einen Staat zu ersetzen, der den Interessen der Arbeiter dient. Dieser sollte sich, so Lenin, an den Prinzipien der Pariser Kommune orientieren, in der die Arbeiter kurzzeitig die Macht innehatten.

Die Kommune war keine parlamentarische Institution, sondern vielmehr eine selbstverwaltende Massenorganisation der Arbeiter, in der es keine Trennung zwischen legislativer und exekutiver Gewalt gab.

«Die Kapitalisten bezeichneten stets als ‚Freiheit‘ die Freiheit für die Reichen, Profit zu machen, und die Freiheit für die Arbeiter, Hungers zu sterben,“ erklärte Lenin. „Die Kapitalisten bezeichnen als Preßfreiheit die Freiheit für die Reichen, die Presse zu bestechen, die Freiheit, den Reichtum zur Fabrikation und Verfälschung der sogenannten öffentlichen Meinung auszunutzen.» (Lenin, These und Referat über bürgerliche Demokratie und Diktatur des Proletariats, Lenin Werke, Band 28).

Er erklärte weiter, dass wir echte Freiheit wollen. «Die Pariser Kommune hat den ersten welthistorischen Schritt auf diesem Wege getan, die Sowjetmacht den zweiten.» (Lenin, These und Referat über bürgerliche Demokratie und Diktatur des Proletariats, Lenin Werke, Band 28).

Sowjetmacht

Die Sowjets waren keine Erfindung der Bolschewiki, sondern die Selbstorganisation der Arbeiterklasse. Sowjet ist das russische Wort für Arbeiterrat. Diese Räte waren die Grundlage für die Selbstverwaltung der Arbeiter.

«Die Aufhebung der Staatsmacht ist das Ziel, das sich alle Sozialisten gestellt haben, unter ihnen und an ihrer Spitze Marx» stellte Lenin fest. «Ohne Verwirklichung dieses Ziels ist der wahre Demokratismus, d. h. Gleichheit und Freiheit, nicht erreichbar. Zu diesem Ziel aber führt praktisch nur die sowjetische, oder proletarische, Demokratie, denn sie geht sofort daran, das völlige Absterben jeglichen Staates vorzubereiten, indem sie die Massenorganisationen der Werktätigen zur ständigen und unbedingten Teilnahme an der Verwaltung des Staats heranzieht.» (Lenin, These und Referat über bürgerliche Demokratie und Diktatur des Proletariats, Lenin Werke, Band 28).

Im Gegensatz zur Diktatur des Kapitals stellten die Bolschewiki den Marx’schen Satz von der Diktatur des Proletariats auf. Diese «Diktatur» war die demokratische Herrschaft des arbeitenden Volkes – nicht mehr und nicht weniger.

Natürlich hat der Begriff «Diktatur» heute eine gänzlich andere Bedeutung als zu Zeiten von Marx oder Lenin. Mit dem Aufstieg der totalitären Diktaturen von Stalin und Hitler änderte sich die Bedeutung. Heute würden wir statt des Begriffs «Diktatur des Proletariats» eher den Begriff «Arbeiterdemokratie» verwenden.

So hielt die bolschewistische Partei 1919 in ihrem Programm die berühmten vier Bedingungen für die Sowjetmacht fest:

  1. Freie und demokratische Wahlen mit dem Recht auf Abberufung aller Amtsträger.
  2. Kein Beamter darf ein höheres Gehalt als ein Facharbeiter erhalten.
  3. Kein stehendes Heer, sondern ein bewaffnetes Volk.
  4. Nach und nach sollen alle Aufgaben der Staatsführung von jedem Individuum wahrgenommen werden. «Wenn jeder ein Bürokrat ist, kann niemand ein Bürokrat sein.»

Weltrevolution

Trotzki wandte sich an den Kongress, indem er ein Manifest der Weltrevolution skizzierte. «Unsere Aufgabe ist es, die revolutionäre Erfahrung der Arbeiterklasse zu verallgemeinern», sagte er, «die Bewegung von der zersetzenden Mischung aus Opportunismus und Sozialpatriotismus zu befreien, die Anstrengungen aller echten revolutionären Parteien des Weltproletariats zu vereinigen und dadurch den Sieg der kommunistischen Revolution in der ganzen Welt zu erleichtern und voranzutreiben.» (eigene Übersetzung).

In einem Abschnitt mit heutiger grosser Bedeutung, sagte Trotzki:

«Die Statistiker und Pedanten der Theorie von der Abschwächung der Widersprüche hatten jahrzehntelang aus allen Ecken der Welt reale oder mythische Tatsachen hervorgekramt, die den steigenden Wohlstand verschiedener Gruppen und Kategorien der Arbeiterklasse bezeugten, und die Theorie der Massenverarmung unter dem verächtlichen Spott der Eunuchen der bürgerlichen Professorenschaft und der Mandarine des sozialistischen Opportunismus als begraben betrachtet. Heute liegt diese Verarmung, die nicht mehr nur sozialer, sondern auch physiologischer und biologischer Art ist, in ihrer ganzen schockierenden Realität offen vor uns.» (eigene Übersetzung)

Lenin fasste die Zuversicht des Ersten Kongresses der Dritten Internationale in seiner Schlussrede zusammen:

«Wie sehr die Bourgeoisie der ganzen Welt auch wüten mag … all das wird nicht mehr helfen. Es wird nur dazu dienen, die Massen aufzuklären, sie von den alten bürgerlich-demokratischen Vorurteilen zu befreien und sie im Kampf zu stärken. Der Sieg der proletarischen Revolution im Weltmassstab ist gewiss. Die Gründung einer internationalen Sowjetrepublik ist auf dem Weg.»

Eine Welt zu gewinnen

Auf den Ersten Kongress folgte jährlich ein Weltkongress, der zum Aufbau eines theoretischen Arsenals des revolutionären Marxismus führte: gegen den Linksradikalismus, zur Notwendigkeit einer Einheitsfront, der Notwendigkeit kommunistischer Massenparteien und einer ganzen Reihe anderer wichtiger Fragen.

Die Dritte Internationale war eine riesige Schule oder ein Parlament, in dem Ideen ausgearbeitet und eine gemeinsame Position vereinbart wurde.

Die ersten vier Kongresse waren ein Meilenstein. Nach der Niederlage der deutschen Revolution 1923 und dem Tod von Lenin 1924 war die russische Revolution isoliert. Unter den Bedingungen der wirtschaftlichen Rückständigkeit kam es zum Aufstieg des Stalinismus.

Die Einführung der Theorie des «Sozialismus in einem Land» führte zu einer reformistischen und nationalistischen Degeneration der Dritten Internationale. Von der Avantgarde der Weltrevolution wurde die Internationale unter Stalin und seinen Handlangern von ihren besten Elementen gesäubert und zu einem Werkzeug der stalinistischen Aussenpolitik gemacht.

Daraus resultierte eine Katastrophe nach der anderen: in China, Deutschland, Spanien und anderswo. Schliesslich löste Stalin 1943 als Geste gegenüber den Alliierten die Kommunistische Internationale formell auf.

Heute verschärft sich die Krise des Kapitalismus und revolutionäre Ereignisse sind an der Tagesordnung. Die grossen Tage der Dritten Internationale von 1919-1923 werden wieder aufleben.

Eine neue Generation muss die Lehren aus dieser wertvollen Erfahrung ziehen. Wir müssen uns auf die kommenden Ereignisse vorbereiten. Wir tun es der dritten Internationale gleich und schreiben uns auf die Fahne: Arbeiter aller Länder, vereinigt euch!